Dorfchronik

Die Napoleonischen Kriege im Streugrund

Unsere Heimat wurde in der Zeit der Napoleonischen Kriege bei den Durchzügen von den Teilen der französischen Armee und ihrer Hilfstruppen viel bedrängt und oft hart mitgenommen.
 

1802

war wieder eine große Teuerung.Das Malter Korn Mellrichstädter Gemäß kostete 10 Gulden rh., am nächsten Tag schon war er auf 14 Gulden gestiegen. Der Laib Brot mit 6 Pf. wurde mit 30 Kreuzer bezahlt. Das Schock Kornstroh kostete 11 Gulden, 24 Kr.rh.
Diese Teuerung und die häufigen Contributionen der durchziehenden Soldaten hatten die Oberstreuer sehr arm gemacht. Die Jahre nach 1802 sind recht selten, wo in den Gemeinderechnungen unter dem Artikel "Kriegskosten: Nichtß" gefunden habe.Dh., daß fast jedes Jahr hohe Ausgaben für den Krieg verzeichnet waren. Außerdem war ja die Armut von den Franzosenkriegen noch nicht verwunden. Es ist deswegen nicht verwunderlich, wenn die Gemeinde zahlungsunfähig wird und 1000 Goldgulden von der "Hochfürstlichen Wirzburgischen" Universität aufnehmen und jährlich 66fl., 31 lb., 22 dl., das waren rund 130 M "zur Abzins" bezahlen mußte. Und diese für die damaligen Verhältnisse große Summe schleppte die Gemeinde durch viele Jahrzehnte. Die jährliche Notiz, daß der Zins durch diese lange Zeit gezahlt wurde, ist gefunden worden, nicht aber der Vermerk, daß die Schulden beglichen worden wäre. Mittelstreu war nicht glücklicher dran. Es hat ebenfalls 1000 Goldgulden aufgenommen und zwar von der Wechterswinkler Stiftung und dafür ein Stück seines Waldes verpfändet.
 

1804

Die Gemeinde hat vorsorglich wegen bevorstehender Einquartierung 20 Malter Haber zu je 30Kr. gekauft.

1806

Aus der Gd.Rech.:den hierliegenden Franzosen auf Namenstagsfeier S.M.Napoleon an Wein verausgabt 3 fl.45 Kr.

1813

Ein Bericht aus jenem Jahr erzählt:

"Am 26.Oktober kamen die ersten Russen, welche die Franzosen auf ihrem Rüchzug verfolgten. Erst kamen die Kranken, ein Wagen hinter dem anderen. Sie richteten großes Unheil an mit dem sog. "Merdenfieber", sie schleppten den Typhus ein, also daß in den Gemeinden viele Menschen gestorben sind. Das Durchmaschieren war so stark, daß man meinte, alle Menschen auf der Welt kommen. Am 1.November war es am ärgsten. Da ist der russische Kaiser Alexander selbst durchgekommen. Er übernachtete am 31.Oktober 1813 bei Rentamtmann Geigel in Mellrichstadt. Da gab es Tag und Nacht keine Ruhe im Dorf.Anspannen, Botengehen, Einquartieren, täglich Brotlieferung. Bald war das Brot im Dorf aufgezehrt. Es mußte aus anderen Gemeinden angefahren werden. Und das hat nicht nur einen Tag gedauert. Zuletzt kamen die Lumpenkosaken, welche raubten, was sie konnten".

Im Kirchenbuch findet sich dieser Eintrag:

"1813 war wieder ein großes Sterben am Nervenfieber oder der russischen Krankheit, durch die Kosaken hierher gebracht".
 

1814

Eintrag in der Gd.Rech.:40 fl. zu den Einquartierungskostengeben

 

1816

ist die Not wieder so groß, daß ein Notmagazin eingerichtet wird. Die Gemeinde nimmt wieder Geld auf, wieviel, war nicht zu finden, und kauft Getreide, weil viele der Bürger nicht dazu in der Lage sind. Das Brot wird zu dem sehr verbilligten Preis von 50 Kr.der Laib an die Bedürftigen abgegeben.

Kostet der Scheffel Korn im Juli 18 fl.

., im Oktober 32 fl., (normaler Preis ist 6-8 fl.), 1817 sogar 40 fl. Die Quecken werden in der Mühle gemahlen und zu Brot gebacken. Einfuhr von Brotgetreide aus Holland und Rußland (in diesem Fall ohne Zoll)

1817

ist das Jahr der Einführung der Brotmarken, wie wir sie von den beiden Weltkriegen her kennen.

1823

In der Gemeinderechnung ist ein Flurer Michael Hemmert als russischer Dolmetscher genannt."Er hat bei der Einquartierung durch Dolmetschung gehörigen Beistand geleistet".

1849

Den russischen Feldzug von 1812 haben die Männer Kaspar Fuchs, Jakob Wütscher und Adam Zirk mitgemacht. Das wissen wir, weil sie nach einem Eintrag in der Gd.Rech.v.1849 um "die Medaille wegen Teilnahme als Militär an den spanischen und russischen Feldzügen" bewerben. Daß die 3 die einzigen Teilnehmer waren, ist nicht anzunehmen, die anderen werden wohl in den 36 Jahren gestorben sein. Von den Teilnehmer waren, ist nicht anzunehmen, die < P>andern werden wohl in den 36 Jahren gestorben sein. Von den Teilnehmern aus Mellrichstadt ist nirgendwo zulesen, daß keiner zurückkam. Das Hochstift Würzburg mußte 1812, 3000 Mann stellen - 180 kamen zurück.
Truppendurchzüge und Einquartierungen brachten nicht nur Not und Leid, sondern oft auch Arbeit und Verdienst für die Oberstreuer. Das bewiesen die Kriegsrechnungen aus den Jahren 1805 - 1808 und 1813 - 15. Dort sind diese Eintragungen zu lesen:

 

1)Die Bauern

33 fl. dem Balzer Lattermann mit 2 Pferde von Königshofen nach Schweinfurt Pulver und Lunden zu führen den 23.Febr.1805.

36 fl. 32³/4 Kreuzer dem Josef Ress und Michael Werner 10 Mltr.2 Mas Korn und 10 Mltr. 2 Mas Haber nach Würzburg zu führen den 12.Jan.1806.

33 fl. für 2 gedane Fuhren nach Königshofen. Allda Pulver und Lunden nachher Schweinfurt geführet, den 16.Okt.1805

1 fl. da er mit einem Wagen nach Hentingen gefahren mit Franzosen.
3 fl. for ein Reitferd den Habermann nacher Meiningen zu reiten.

5 fl. von hier nach Meiningen französische Truppen geführet. (Ebenso wurden Fuhren gemacht nach Walldorf, Sulzfeld, Münnerstadt).

3 fl. ein Wagen voll Gewehre nach Neustadt, da er die Bagaschi geführet.

115 fl. für 56 gedane Fuhre zu Mellerstadt theils Kanonen, theils Bulferwagen

3,30 fl. den Dambor und seine Frau und Kinder nachher Stockheim geführet.

6 fl. mit zwey Bar Ochsen nach Meiningen geführet.

93,30 fl. für den für eine Militärfuhre gefallenen Ochsen.
Ein Johann Eckert stellt "wegen seiner gedanen Kriegsfuhren" im Jahre 1811/12 folgende Rechnung:

4 fl.rh. von Oberstrey französische marode Soldaten gefahren

5 fl.rh. von Oberstrey Franz. Bagach der Wirzburg Infantery nach Meiningen geführet den 6.April.

Nach einer Rechnung vom 12.Febr.1814 sind von Jörg Werner, Müller, nach Münnerstadt, Bischofsheim oder Meiningen gefahren worden:Sachsen-Meininger, Russen, Badenser, Preußen und wieder Franzosen.

1 fl.einen Leitnant von der ersten Kursachsen nachts nach Mellerstadt geführet.

3 fl.zu Mellerstadt Haber abgefaßt und auf Oberstrey in Makazin geführet

2 Schirschanden und ein Quantität Schu auf Mellerstadt geführet und den anderen Tag wieder abgeholt.

Einen Furir auf Mellerstadt und von dort nach Ünschleben geführet.

Die Rechnung wurde von allen beteiligten Fuhrleuten unterschrieben:

Jörg Schirber, Braumeister

Georg Mock, Kirchgäßner

Georg Mock am Thor

Jakob Müllers Wittib

Jakob Mock, Brückgässer

Das war eine feine Art, Bürger gleichen Namens zu unterscheiden,

viel besser als die heute übliche Josef Müller I und Josef Müller II.

Interessant ist folgendes Zeugnis eines Tierarztes für den mit 93,30 fl.bzahlten Ochsen.

"Weisung des Großherzoglichen Landgerichts wurde ein der Wittib von Oberstrey zugehöriger Ochs, welcher auf der Militärvorspann zu Grund ging, besichtiget. Bei der Öffnung fand man, daß der Ochs bei vollkommen gesund gewest. Es zeichte sich, daß das Thier bei heftiger Anstrengung auf langen Marsche in eine Aufwallung und Entzündung des Blutes gerathen und während des ununterbrochenen Marsches ersticket sey".

Wird nach Wissen und Pflicht attestiert.

Münnerstadt, dem 21.May 1814

Georg Moritz, Vieharzt

Die Kriegsschadenkosten mußten vom Dorfgericht attestiert, dh. annerkannt werden. Dann erst kamen sie zur Auszahlung.

 

2) Die Gastwirte

Hans Damm, werth, gibt diese Aufstellung an das Kriegsschädenamt:

2 dl.36 haben die Preußen verzehret zu nacht 1.Okt.1806

3,10 fl. bei der einquartierung des 3 Rechiement den 30.Julius

8,15 fl. sind bei der reterath (retirieren=flüchten) der Franzosen zu nacht verzehret.

6,80 fl. für bier, brabdwein und wein theils gedrunken, theils mitgenommen den 8.Okt.

8,15 fl. bey der zweymaligen einquartierung der Hessen, Tarmstädter den 27.Okt.

9,50 fl. da die Bulverwagen nach Mellerstadt und ein Achsen zerbrochen, verzehr lt.schein

1,40 fl. haben die Wirzburger Schwallischö verzehrt den 23.März.

8,30 fl. sind bey der viermaligen einquartierung der Franzosen verzehrt worden.

3,12 fl. bey der einquartierung vom 27.Rechiment der artölerie den 30.Julius 1807.

56,14 fl. summa sumarum aller Ausgaben Geld.

3) Die Wagner

Ein Wagner gibt diese Arbeiten an:

Vezeichnis über Wagnerarbeiten, welche bey russische druben gemacht worden:


12Kr. ein rath gebessert

25Kr. ein rath gebessert

15,3 Kr. ein rath gebessert

8fl. 2 neu Pf.rath hergeben, ein Achsen gemacht

4) Die Schneider

vor die Russen 6 batzen vor ein bar Knöpfhosen mit sambt Knöpf und Vaten Johann Mentz schneiter meister

 

5) Die Schuhmacher

Verzeichnis über meine Arbeit für schuhe Macherlohn, Leder, Negel, das ich dazu geben habe bey der russischen Einquartierung am 2.3.4.November

1 fl. vor ein bar sollen und negel und Macherlohn ein bar Schuhe ein Salthot isr bey Martin Fuchs in Quartier gelegen.

25 Kr. vor ein bar Schuhe Macherlohn und absatz fleck und negel dazu geben vor ein Mann ist bey Johann Gottwalt in Quartier gelegen.

47 Kr. vor ein bar und das Leder dazu ist bey Jörg Storm in Quartier gelegen.

2,30 fl. in summa.

Oberstrey, den 23.Nov.1814 Caspar Dittrichs Wittib


6) Der Schmied

1813 an Schmitarbeit für russ. Chaffallerie und artollerie gemacht ist worden 66 fl. 63 Kr. Caspar Fuchs

Zu allen Zeiten waren Menschen für Bestechungsgelder zugängig:

So liest man in den Contributionsbüchern:

8 fl. 14 Kr. erhielt Capitän zu Mellerstadt wegen Ausquartierung hier liegender Truppen, den 5.Febr. 1806

5 fl. 30 Kr. dem Herrn Offizier gereicht, gute Manneszucht zu halten (damit nicht geplündert wurde)

5 fl. 30 Kr. Herrn Offizier, daß Artellerie nicht in den Gerstenfluren aufgestellt werden.

7 fl. 7 lb. 7 dl. dem Regimentsquartiermeister vom Kursächsischen Regiment zu Pferd vor getanes Versprechen gute Ordre zu halten.

4 fl. dem sächsischen Leibregiment-Quartiermeister gegeben, umb daß der selbe das Dorf Oberstreu mit dem Vorspann verschont.


7) Die Leineweber

1813 In unserem Archiv haben wir eine Quittung über 1.000 Ellen weißer Leinwand, die Oberstreuer Leineweber dem kgl.preuß.Garde-Füsselier-Battalion geliefert haben.

1816 sind noch russ. Truppen einquartiert. Für jeden Soldaten wurde pro Tag 1 fl. bezahlt.

1813 wurde durch kranke Württemberger Truppen, die durch das Dorf gefahren wurden, das sogn. Sputalfieber eingeschleppt. 51 Menschen starben hier daran, in Mellrichstadt 137.